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Ein wesentlicher Aspekt zum Verständnis von Führung ist der Zeitgeist. Es ist nahezu unmöglich, eine zeitlose Vorstellung von Führung zu entwicklen. Wir alle Leben in unserer Zeit und diese uns komplett umschließende Umwelt prägt unser Denken, unsere Werte und auch unser Handeln.

Mit Hilfe philosophischer Überlegungen können wir den Zusammenhang von Hintergründigen Aspekten und der modernen Ansichten erkennen. Philosophie beschäftigt sich mit dem Erkennen der Welt. Gesucht wird der Kern einer Sache, der sich nicht sofort dem Betrachter erschließt. So wurde schon sehr früh – namentlich durch Parmenides – eine Unterscheidung in die vordergründige Meinung und die nicht so leicht zugängliche hintergründige Wahrheit vorgenommen. Entsprechend behandelt eine philosophische Betrachtung von Führung nicht die verschiedenen modernen Konzepte, sondern stellt die Frage nach dem Kern von Führung.

Gegensätze sind das Wesensmerkmal einer Sache

Die Grundlagen unserer modernen Überlegungen finden wir bei dem Philosophen Anaximander (611-548). Er hatte damals eine neue Logik eingeführt, indem er sagt, dass wenn etwas werden soll, dann muß dem Werden etwas zugrunde liegen. Also ein Ursprung, aus dem alle verschiedenen Dinge hervor gehen. Dieses „Apeiron“ ist für uns dinglich nicht zu verstehen. Es ist ein Urprinzip. In unsere heutige Zeit übersetzt ist das Apeiron nicht der Urknall, sondern das da noch einmal hinter liegende Prinzip des Werdens und Vergehens. Da das Urprinzip in sich nicht verstanden werden kann, bleibt es unbestimmt und grenzenlos. Wir sehen nur die Dinge, die es hervor bringt: Kaltes und Warmes, Feuchtes und Trockenes usw. Von besonderer Bedeutung ist das einzige überlieferte Fragment der Überlegungen des Anaximander: Nach ewigem Gesetz gehen aus aus dem Unbestimnt-Grenzenlosen immer neue Welten hervor und kehren Wieder in dasselbe zurück, „einander Strafe und Buße gebend für die Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit“.

Die Formulierung ist für uns ungewohnt, doch das angesprochene Prinzip wird sehr schnell klar. Das Warme verdrängt das Kalte, das Trockene geht über in das Feuchte usw. Welchen Zustand wir nun gerade vorfinden, ergibt sich allein aus dem Zeitpunkt der Betrachtung.

Führung in unserer Zeit

Was können wir nun aus diesen Überlegungen für unser Führungsthema ableiten. Je nachdem zu welcher Zeit wir auf die Grundlagen der Führung oder die Führungssysteme, die Führungsstile schauen, sehen wir eine bestimmte Konkretisierung. Und diese tatsächlichen Erscheinungen sind nicht statisch. Sie sind Ausformungen der in sich vereinten Gegensätze, sowie es in der chinesischen Philosophie kein Yin ohne ein Yang geben kann. Also das Abstraktum Führung vereint in sich die Gegensätze stark und schwach, partizipativ und undemokratisch, hierarchisch und nicht-hierarchisch, strategisch und operativ, innovativ und konservativ und nicht zuletzt gut und schlecht. Die konkrete Ausformung in den Unternehmen, sowie wir Sie wahrnehmen können, ergibt sich allein aus dem Zeitpunkt des Betrachtens. Also zu einer anderen Zeit würden wir ein anderes Bild finden, bei dem sich die gegensätzliche Faktoren anders ausgeprägt haben. Insofern ist es doch richtig, in der Führung nicht nach unantastbaren und statischen Wahrheiten zu suchen. Es ist eben der Zeitpunkt des Betrachtens oder der Zeitgeist, der die konkreten Dimensionen der modernen Führung definiert. In der Zukunft werden sich andere Konstellationen ergeben, da sich aus der „Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit“ die gegensätzlichen Aspekte weiter durchgesetzt haben werden.

Gute und zeitgemäße Führung

Im Ergebnis heißt das, dass jede Erscheinungsform von Führung das Gute und das Schlechte in sich trägt. Die sichtbaren Ausprägungen von Führung lassen sich als zeitgemäße Führung charakterisieren. Und was ist eine zeitgemäße Führung ? Eine Führung, die den aktuellen Zeitgeist einfach aufnimmt und sich daran orientiert. Doch bei einem solchen Vorgehen ist Vorsicht geboten. Wenn sich die Verhältnisse doch nach ewigem Gesetz in gegensätzliche Richtungen entwickeln, dann kann man nicht einfach am Heute aufsetzen. Wesentliche Entwicklungen sind zu antizipieren. Die Königsdisziplin ist es, eine Führung zu definieren, die sich nicht am Jetzt orientiert, sondern an der nahen Zukunft. Das Modell sollte so gewählt werden, dass es zum Zeitpunkt des Eintreten noch Gültigkeit hat und nicht schon wieder überholt ist. Und wie macht man das nun, die Zukunft der Führung zu antizipieren ? Mit einer Auseinandersetzung über die kulturellen Rahmenbedingungen, in denen Führung von Unternehmen statt findet. Also können wir aus einer Beurteilung des gesellschaftlich-politischen Umfeldes der Unternehmen viel für eine neue Führung lernen.

Die neue Starke Führung

Neulich konnten wir in einer renommierten Wirtschaftszeitung lesen. „Obergrenze für Demokratie erreicht“. Damit ist gemeint, dass die großen demokratischen Gruppen zugunsten überwiegend individueller Ansichten an Bedeutung verloren haben. Da auch Demokratie kein statisches Gebilde ist, hat sich unsere Demokratie entwickelt. Immer mehr Entscheidungsträger und Beeinflusser treten auf. Bei den vielen Anspruchsträgern mit Ihren sehr unterschiedlichen Werten und Ansichten ist heute bei der Führung des Staates keine klare Richtung mehr zu erkennen. Auch wenn wir überzeugte Demokraten sind, können wir ein Zuviel an Diskussionen kritisieren. Niemand stellt die Demokratie in Frage, aber viele fordern eine Veränderung in Richtung einer funktionierenden Ordnung. Von einer Hyperdemokratisierung zu einem vernünftigen Maß. Es besteht in der Gesellschaft die mehr und mehr erkennbare Sehnsucht, wieder gute und mutige Entscheidungen zu treffen. Endlose Diskussionen und Klein-Klein haben keine Zukunft.

Und was heißt das für die Unternehmen ? Um Innovation und Anpassungsfähigkeit voran zu treiben, schlagen viele Fachleute hierarchielose Organisationen und verstärktes Teamworking vor. Das entspricht dem aktuellen Zeitgeist. Wenn aber in den Unternehmen schnelle und mutige Entscheidungen gefordert und weitereichende Neuerungen notwendig sind, dann sollten wir keine hyperdemokratischen Verhältnisse in den Unternehmen fördern. Die neue Führung ist eine starke Führung! Der Unterscheid zu früheren Zeiten ist dabei, dass der Leader sich heute nicht mehr auf die formale Autorität einer Vorgesetzten-Rolle beziehen kann. Er muss sich als Führer durch Leistung auszeichnen und Akzeptanz bei den Mitarbeitern gewinnen.

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